Seit mehreren Wochen hält die Corona-Atemwegserkrankung die ganze Welt in Atem. Und seit mehreren Wochen tun wir alle unser Bestes, um ruhig Blut zu bewahren und den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren.
Es gibt viele Ansätze, um in seiner Mitte zu bleiben und das Gleichgewicht zu halten. Glücklicherweise durfte ich einige davon im Laufe der letzten Jahre näher kennenlernen. Von Achtsamkeit und positiver Psychologie über Meditation und Atem-Übungen bis hin zu diversen Selbstheilungsmethoden: diese Basics gehören längst zu meinem Alltag und sind aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.
In der aktuellen, beispiellosen Notsituation bin ich also froh darüber, dass ich mir nicht erst einmal einen Notfallkoffer zulegen und dessen Utensilien auf Herz und Nieren prüfen muss. Ich brauche nur meinen erprobten Werkzeugkasten herauszuholen und nach meinen kleinen, altbewährten Helfern zu greifen.
Von den Hauptprotagonisten, die mir unermüdlich ihre treuen Dienste leisten, bis hin zu den Statisten, die in den Hintergrund gedrängelt wurden und davon träumen, auch mal wieder ins Rampenlicht zu rücken und die Hauptrolle zu übernehmen: alle bekommen die Chance, mir einmal mehr, und jetzt erst recht, zu zeigen, was sie so richtig auf dem Kasten haben.
Neben den bereits genannten Werkzeugen bildet die Dankbarkeit eine weitere wichtige Säule in meinem persönlichen Umgang mit der aktuellen Krise. Wenn man Dankbarkeit übt, legt man automatisch den Fokus auf das, was man hat und was gut funktioniert. Man konzentriert sich auf das, was Freude bereitet. Wer Dankbarkeit regelmäßig praktiziert und bewusst empfindet, fühlt sich auf Dauer glücklicher, steigert sein allgemeines Wohlbefinden und ist widerstandsfähiger.
Die berühmte amerikanische Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey erkannte, wie wichtig Dankbarkeit ist und sagte in diesem Zusammenhang: „Egal, was gerade in deinem Leben vorgeht. Wenn du dich darauf konzentrierst, was du hast, wirst du letztlich immer mehr haben als zuvor. Wenn du dich darauf konzentrierst, was du nicht hast, wirst du nie, nie, nie genug haben.“
Wenn alles gut läuft, neigen wir dazu, viele Dinge für selbstverständlich zu nehmen. Aber was ist, wenn diese, wie in der jetzigen Situation, auf einmal drohen, verloren zu gehen? Oft wird erst dann einem bewusst, wie wertvoll sie sind und was man eigentlich für ein Glückspilz ist.
Ein Blick in andere Länder sowie der regelmäßige Austausch mit meiner Familie und meinen Freunden in meiner Heimat Frankreich, wo die Lage und die Einschränkungen ganz andere Ausmaße als hierzulande annehmen, machen es mir einmal mehr deutlich.
Dankbarkeit zu üben heißt nicht, sich alles schönzureden oder die Schwierigkeiten zu ignorieren. Wie könnte man denn auch? Die jetzigen Umstände bringen ja für uns alle viele Herausforderungen mit sich, seien sie gesundheitlicher, wirtschaftlicher oder persönlicher Natur. Und dies kann eine Reihe negativer Gefühle auslösen, wie zum Beispiel Angst, Unmut, Hilflosigkeit, Wut oder Neid.
Umso essenzieller ist es, die emotionale Balance zu halten bzw. wiederherzustellen und die kleinen, schönen Dinge im Leben, die zum Glück ja immer noch vorhanden sind, nicht aus dem Blick zu verlieren.
Warum also nicht dieses natürliche, für alle verfügbare Arzneimittel, welches zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin führt, zur Hilfe nehmen? Laut Studien reicht es schon aus, wenn man sich täglich ein paar Minuten Zeit nimmt, seine Dankbarkeit schriftlich festzuhalten, zum Beispiel in Form eines Dankbarkeitstagebuchs. Nach einer gewissen Zeit führt die tägliche Beantwortung der einfachen Frage „Wofür bin ich heute dankbar?” zu einer Veränderung der Gehirnstrukturen.
Ich habe das Glück, gerade jetzt zusammen mit Gleichgesinnten folgendes Experiment zu wagen: dreißig Tage lang schreiben wir jeden Abend in unserer WhatsApp-Gruppe, wofür wir an dem Tag dankbar sind. Perfekter hätte das Timing nicht sein können!
Die Teilnahme an der Dankbarkeits-Challenge hilft mir dabei, am Ball zu bleiben. Durch die Nachrichten meiner Verbündeten werde ich automatisch Tag für Tag an meinem Vorhaben erinnert. So kann mein innerer Schweinehund auch nicht mit der Ausrede kommen, er hätte es vergessen.
Tagsüber halte ich Ausschau nach schönen Erlebnissen. Jedes Mal, wenn ich fündig werde, freue ich mich darauf, sie abends der Gruppe erzählen zu dürfen. Bewusst verweile ich bei der Wahrnehmung, damit sie sich in mein Gedächtnis besser einprägt und ich mich später an das freudige Ereignis noch erinnern kann.
Und wenn schließlich der Augenblick für das Abendritual kommt, freue ich mich darüber, meine Glücksmomente mit meinen Spielgefährten teilen zu dürfen sowie ihre dankerfüllten Mitteilungen zu lesen. Denn „Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt”, wie der deutsch-französische Arzt und Philosoph Albert Schweitzer einst sagte.