Ein vollkommener Augenblick

Wann immer es mir möglich ist, gehe ich in meinen Lieblingspark spazieren, um Kraft und Energie zu tanken. So wie letzten Sonntagnachmittag. Das Wetter war toll: die Sonne schien, der Himmel war strahlend blau. Obwohl wir schon fast Ende Oktober hatten, war es ziemlich warm. 20 Grad, bestätigte mir die Wetter-App meines Smartphones.

Der Park war dementsprechend gut besucht. Ich entdeckte auf meinem Weg ein paar Hinweise, die mich darauf schließen ließen, dass gerade eine Schatzsuche stattfand. Plötzlich lief eine Gruppe Kinder an mir vorbei, gefolgt von ein paar Erwachsenen. Eine Frau filmte das ganze Geschehen. „Kastanien sammeln“ lautete die nächste Aufgabe. So machten sich die Kleinen unmittelbar auf die Suche und es dauerte nicht lange, bis ich im Hintergrund hörte: „Ich hab’ eine!“.

Ich war dankbar dafür, dass ich gesund war und an dem Tag wieder so gut laufen konnte. Nach einer kleinen Verletzung beim Tanzen war ich nämlich in letzter Zeit in meiner Mobilität eingeschränkt gewesen. Umso mehr freute ich mich also über die wieder gewonnene Beweglichkeit meines Körpers. Ich fühlte mich befreit und war einfach glücklich.

Ich beobachtete die Natur und war entzückt über ihre Schönheit. Was für eine Farbenpracht! Die Bäume schimmerten in den für die goldene Jahreszeit typischen Farbtönen: von grün bis braun über gelb, orange und rot.

Die vielen bunten Laubblätter auf dem Boden ließen mich erkennen, wie schön der Prozess des Loslassens sein kann. Ich fühlte mich der Natur ganz nahe. Ich stellte fest, dass, so wie die Bäume angefangen hatten, ihre Blätter abzuwerfen, um sich auf den Winter vorzubereiten, auch ich in letzter Zeit einiges an Ballast abgeworfen hatte und ich freute mich darauf, dass bald die Zeit des Rückzugs kommen würde.

Plötzlich war es, als ob alles stillstehen würde und die Zeit angehalten wäre. Obwohl um mich herum einiges los war, obwohl Kinder sich austobten und Flugzeuge über meinem Kopf vorbeiflogen, konnte ich die Stille spüren.

Es fühlte sich alles harmonisch an. Ich hatte das Gefühl, dass alles stimmte, so wie es gerade war und dass alles seinen Sinn hatte. Auch die Herausforderungen, die uns der Alltag schenkt und die manchmal unüberwindbar erscheinen: in diesem Moment schien es mir, als ob es nichts gäbe, was man nicht bewältigen könnte.

Ich hatte den Eindruck, dass alles eins war. Ich fühlte mich mit den anderen Menschen um mich herum verbunden. Obwohl ich allein in den Park gekommen war, fühlte ich mich geborgen. Ich dachte kurz an meine Familie im Ausland und wünschte mir, sie könnte diesen magischen Moment auch erleben.

Plötzlich blitzte eine wichtige Erkenntnis in meinem Kopf. Sie war so klar und schön, dass mir fast die Tränen vor Rührung kamen. Ich genoss bewusst diesen herrlichen Zustand noch eine Weile, bevor ich nach Hause zurückkehrte.

Ähnlich wie die Kinder während ihrer Schatzsuche Kastanien und andere Schätze der Natur gesammelt hatten, hatte ich während meines kleinen Ausflugs eine Kiste voller Geschenke gefunden. Ich hatte nicht nur einen vollkommenen Augenblick erlebt und pures Glück empfunden, sondern einmal mehr hatte ein Spaziergang in der Natur meine Kreativität angeregt und mich dazu inspiriert, eine kleine Geschichte zu schreiben.